Am Abend vor dem Aschermittwoch, am 5. Februar 2008, dem Beginn der Passions- und Fastenzeit, hielten Thomas und Cornelia Seidel, Weimar, Rückschau auf vielfältige Erfahrungen gemeinsamer Lebenszeit, in Vorbereitung auf die für den Herbst anstehende Silberhochzeit.
In der Reflexion gelungener und misslungener Wohngemeinschaftsprojekte, im gemeinsamen Nachdenken über familiäres und kirchgemeindliches Leben sowie über die persönliche praxis pietatis, die jeweils individuelle Frömmigkeit und Theologie, trat im Gespräch plötzlich und überscharf das Bild eines „neuen Klosters“ vor Augen. Die Idee eines ökumenischen Nachbarschaftsprojektes gewann mehr und mehr an Kontur.
Zu den Merkmalen dieser ersten Überlegungen einer Collegiats-Gemeinschaft gehörte:

  1. Eine solche geistliche Lebensgemeinschaft könnte sowohl an vormalige Kanoniker- bzw. Kollegiatstifte als auch an die Spiritualität und Sozialpraxis der traditionellen klassischen Orden (Benediktiner, Franziskaner, Dominikaner o.a.) anknüpfen.
  2. Diese geistliche Gemeinschaft soll von Anfang an und prinzipiell ökumenisch ausgerichtet sein. Sie sollte vorreformatorische und reformatorische Impulse aufnehmen und auch von den Erfahrungen jüngerer Kommunitätsgründungen (Communität Casteller Ring, Kommunität von Taizé, Jesus-Bruderschaft, Ev. Bruderschaft St. Georgs-Orden, Ev. Michaels-Bruderschaft, Fokular-Bewegung, Familienkommunität Siloah o.a.) lernen.
  3. Eine solche geistliche Gemeinschaft sollte möglichst an einem spirituell-klösterlich geprägten, urban-städtischen Ort gegründet werden, um ein intergenerationelles Zusammenleben von Familien oder alleinlebenden Menschen aller Altersgruppen zu entwickeln, das seine finanziellen Grundlagen weitgehend aus der Berufstätigkeit der Mitglieder bestreitet.
  4. Dieser geistlich-klösterlich geprägte Ort sollte nach Möglichkeit (zumindest hinsichtlich der im Zentrum der Gemeinschaft stehenden Kirche) vom Geist der Romanik getragen sein: einer theologisch und sakralkünstlerischen Symbiose von Gebet und Gebäude, der erfahrbaren Einheit von Sinn und Form des Gotteshauses und des Gottesdienstes.
  5. Die Regel einer solchen geistlichen Weggemeinschaft sollte einfach und beteiligungsoffen, alltagstauglich und verbindlich sein; von einem Geist getragen, der achtsam und rücksichtsvoll ist gegenüber unterschiedlichen Lebensphasen und Lebensentwürfen christlich  engagierter und religiös suchender Menschen. Weltverantwortung, Nachbarschaftshilfe und ein gemeinsames Leben von Menschen mit und ohne Körperbehinderung sollen ein Kennzeichen dieser Gemeinschaft werden.
 

Wie kam es zur Gründung einer Collegiats-Gemeinschaft?

Die Collegiats-Idee einer ökumenischen Gemeinschaft wurde bald,Karte KlosterKirchePetersberg sehr intensiv mit Annegret und Ernst Koch, Leipzig; Rosemarie und Christoph Kähler, Eisenach; Dorothea Höck und Stefan Kratsch, Erfurt; Katrin und Michael Göring-Eckart, Ingersleben und anderen Weggefährten und Freunden beraten. Als ein möglicher Ort der Realisierung wurde der Erfurter Petersberg mit seiner (vormaligen) romanischen Kollegtiastifts- und Benediktiner-Abteikirche St. Peter & Paul in den Blick genommen. Eine erste Projektskizze entstand.
Einer mündlichen Einladung zum gemeinsamen Nachdenken und Gespräch zur vorliegenden „Petersberg-Konzeptidee“ vom 4. Mai 2008 von Thomas A. Seidel folgten etwa ein Dutzend Menschen. Am letzten Augustwochenende des Jahres 2008 trafen sie sich im Augustinerkloster zu Erfurt. Eine „Kerngruppe Petersberg“ wurde gebeten, die vorliegenden Überlegungen weiter voran zu treiben. Man verabredete regelmäßige, monatliche „Plenumsrunden“ und eine „Kollegiatsklausur“ für Anfang 2009.
Am 18. Juni 2008 stellten Landesbischof Christoph Kähler und Thomas Seidel diese Überlegungen und Planungen dem Bischof des Bistums Erfurt, Joachim Wanke, vor. Dieser regte an, diese Gedanken ggs. auch mit benediktinischen Brüdern zu bedenken. Thomas Seidel folgte dieser Empfehlung und beriet die Collegiats-Idee im Juli 2008 intensiv mit Pater Athanasius, OSB, im Kloster Huysburg bei Halberstadt.
In seiner Sitzung am 1. September 2008 auf dem Pflugensberg zu Eisenach nahm das erweiterte Kollegium des gemeinsamen Kirchenamtes der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland „[…] das Konzept >Nachbarschaftsprojekt St. Peter und Pauls< wohlwollend zur Kenntnis.“
Die Gründung einer Förder-Stiftung wurde diskutiert und entsprechende Finanzmittel dafür (in Treuhänderschaft der Finanzabteilung des Kirchenamtes) beschlossen. Die jährlichen Zinserträge werden für die Projektentwicklung zur Verfügung gestellt.
Ein „Förderverein CollegiatStift St. Peter & Paul e.V.“ – mit einem Kuratorium – wurde 27. März 2009 gegründet, um den weiteren Aufbau dieser geistlichen Gemeinschaft und des Nachbarschaftsprojektes zu begleiten und zu fördern.
Vom 9. - 11. Januar 2009 versammelten sich im Kloster Donndorf an der Unstrut etliche, von der „Kollegiats-Petersberg-Idee“ angesteckte Menschen. Zu ihnen gehörten – neben den „Idee-Gebern“ Cornelia und Thomas A. Seidel – Werner Anisch, Erfurt; Ulrike und Dietrich Bauer, Dresden; Ernst Herrbach, Erfurt; Ralf-Peter Fuchs, Schleiz; Lucia und Dietrich Koller, Erfurt-Rhoda; Siegfried Trackl, Erfurt; Margit und Thomas Würth-Sense, Erfurt; Holger Schultka, Erfurt; Matthias Rost, Jena-Drübeck; Johannes Haak, Erfurt; Annette Hildebrandt und Lothar Tautz, Teuchern; Daniel Walther, Leipzig u.a..
Neben der Diskussion über die o.g. Merkmale einer Kollegiats-Gemeinschaft wurde umgehend mit der Beratung zu den Eckpunkten einer gemeinsamen Regel begonnen. Der erste und entscheidende Anstoß für die „5er Sätze“ unserer Collegiats-Regel war gegeben.
Am Peter+Paulstag, dem 29. Juni 2009, wurden die Geistliche Leitung des Collegiats und der Vorstand des Fördervereins CollegiatStift St. Peter & Paul e.V. in der Peterskirche auf dem Erfurter Petersberg durch den Propst i.R. Joachim Jaeger und den Weihbischof Dr. Reinhard Hauke eingesegnet. (Titelbild der VCC-Website)
Unter maßgeblicher Leitung von Ralf-Peter Fuchs wurden die schriftlichen Impulse zu einer kommentierten Collegiats-Regel von Dietrich Koller, Matthias Rost, Thomas Seidel und Ulrike Bauer in den Collegiats-Plenums-Runden des Jahres 2009 sorgfältig beraten. Im Collegiats-Plenum am 8. Mai 2010 wurde die Collegiats-Regel auf Empfehlung der Geistlichen Leitung festgestellt.
Mit dem plötzlichen Tod von Dietrich Koller am 20. November 2010 – er war mit Cornelia Seidel bereits im Frühjahr 2009 in die Geistliche Leitung gewählt worden – und Problemen bei der Entwicklung des „Nachbarschaftsprojektes St. Peter und Paul“ kam es zu erheblichen Turbulenzen innerhalb der Gemeinschaft.
In dieser Zeit der Unsicherheit und des Zweifels trafen sich am 20. November 2011 einige Collegiaten mit der Witwe Maria Lucia, der Familie und etlichen Wegefährten von Dietrich Koller an seinem Grab auf dem Friedhof zu Wetzhausen und anschließend zum Rundgespräch vor dem Kamin der Freifrau Elisabeth von Truchseß.
Noch ganz unter dem starken Eindruck jenes wunderbaren, traurig-heiteren Tages stehend, erschien es uns wie ein Geschenk Dietrichs, die einengende Orts-Fixierung auf den Petersberg hintan zu stellen, um die spirituelle und lebensdienliche Quelle unserer Weggemeinschaft frei zu legen: CHRISTUS – wahrer Mensch und wahrer Gott – gesucht und verehrt in unserer Collegiats-Regel und im tägliche Üben eines geistlichen Miteinanders.
Der entscheidende Anstoß zur VIA COLLEGIATA CHRISTIANA – dem Weg gemeinschaftlicher Christusnachfolge in einem Verbund christlicher Collegiaten (VCC) war gegeben. In den Collegiats-Plenen am 10.12.2011 und am 21.01.2012 wurde dies bedacht und beschlossen.
Das Collegiats-Leben erweist und vollzieht sich im Alltag und am Festtag des einzelnen Collegiaten bzw. der Collegiatin, ganz egal an welchem Ort. Es findet aber auch Ausdruck an besonderen Collegiats-Orten, an denen sich Collegiate bzw. CollegiatStifte, kleine Gruppen von Collegiaten, zusammengeschlossen haben.
Zwei CollegiatsWohn-Projekte sind derzeit in Planung: In Erfurt „CollegiatsWohnen am Petersberg“  und in Ichtershausen „CollegiatWohnen Neues Kloster Ichtershausen“.
 
 
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